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Selfpublisher-Survey 2022: Das sind die Ergebnisse

Beitragsbild Selfpublisher-Survey 2022

In diesem Monat habe ich eine Umfrage unter Autoren durchgeführt, die selbst veröffentlichen. Ich wollte verstehen, wie sie ticken und wie sie arbeiten. Hier gibt’s die Auswertung der Antworten in Wort und Diagramm, die nicht nur für andere Selfpublisher spannend sein dürfte.

Zunächst einmal einige Erklärungen zur Umfrage selbst: Wie lief sie ab? Diese Selfpublisher-Survey wurde ganz einfach als Google-Formular erstellt und auf Instagram, in Facebook-Gruppen und in Foren geteilt. Als kleinen Anreiz gab es ein Taschenbuch-Exemplar von Gegenlicht zu gewinnen. Zum Zeitpunkt meiner Auswertung haben 78 Autoren teilgenommen. Die Survey war eingeteilt in mehrere Sektionen, die in diesem Artikel als Headline wiedergegeben werden.

So. Und nun kommen wir ohne weitere Vorrede zu den Ergebnissen.

Selfpublisher als Leser

Jeder Autor beginnt als Leser – und sollte sich dieses Hobby natürlich auch als Produzent literarischer Werke bewahren. Wie sieht’s aus bei den Selfpublishern, was das Leseverhalten betrifft?

Wie viele Bücher liest du im Jahr?

Wie man sieht, wird so wahnsinnig viel gar nicht gelesen: Nicht mal ein Buch im Monat schaffen die meisten Selfpublisher. Mich persönlich erstaunt das nicht. Auch ich lese nicht besonders viele Bücher (und muss hier streng auslesen). Ich könnte mir vorstellen, dass Menschen, die sich dazu entscheiden, selbst ein Buch zu veröffentlichen, generell kreativ und vielseitig beschäftigt sind, sodass für die Rezeption von Texten kaum Zeit bleibt. In meinem Fall jedenfalls ist das so.

Welche Genres liest du am liebsten?

Überrascht hat mich hier die Gegenwartsliteratur, die es immerhin auf Platz 4 geschafft hat. Ich hätte erwartet, dass weniger Interesse an diesem Genre besteht – und wundere mich, dass meine (immer gut bewerteten) Romane nicht weggehen wie warme Semmel. 😉 

Selfpublisher als Autor

Um etwas zu veröffentlichen, muss es zunächst geschrieben werden. Die Schriftstellerei ist eine durchaus komplexe Tätigkeit, bei der die verschiedensten Herangehensweisen zum Erfolg führen können. Und? Wie schreiben die Selfpublisher?

Warum schreibst du?

Die Antwortenmöglichkeiten lauteten wie folgt: 

  • Ich möchte Geschichten erzählen
  • Ich möchte meine Gedanken vermitteln
  • Ich möchte mich in fremde Personen hineinversetzen
  • Ich möchte meine Gedanken ordnen

Hier war ich etwas erstaunt, dass “Geschichten erzählen” mit Abstand führt und das Ordnen der eigenen Gedanken kaum eine Rolle spielt. Offenbar bin ich ein Spezialfall, denn für mich ist die Geschichte durchaus zweitrangig. Ich möchte meine Gedanken vermitteln und gleichzeitig auch ordnen; der Schreibprozess hat mir bisher immer sehr geholfen, mir über Dinge klar zu werden, indem ich sie meine Figuren diskutieren ließ.

Wie würdest du deine sprachlichen Fähigkeiten beurteilen?

Die Skala ging von 1: ”Ich brauche, was Rechtschreibung, Grammatik und Ausdruck angeht, oft Unterstützung” bis 5: “Ich beherrsche die deutsche Sprache (nahezu) perfekt und kann mich meist treffend ausdrücken”.

Ho, ho! Die meisten geben sich 5 Punkte? Das grenzt fast an Hybris, würde ich mal frech behaupten, denn um Deutsch “perfekt” zu beherrschen, braucht es sehr viel Übung und Recherche. Ist euch beispielsweise aufgefallen, dass die Prozentzeichen bei Frage 1 durch ein Leerzeichen vom Wert getrennt sind? Macht so gut wie niemand so, ist aber (im Deutschen) korrekt. 

Ich persönlich würde mir natürlich ebenfalls 5 Punkte geben, aber das sage ich als jemand, der sich den halben Tag lang mit der deutschen Sprache befasst. Der eine oder andere ist auf der 5 sicher richtig platziert, das stelle ich keineswegs in Abrede, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass dieses Ergebnis im Gesamten die Tatsachen trifft. Wünschenswert wäre es natürlich, gerade im Selfpublishing.

Kennt ihr übrigens den Dunning-Kruger-Effekt? 😉

Welche Genres schreibst du?

Erotik wird mehr geschrieben als gelesen, bei Fantasy stimmen die Verhältnisse, bei der Gegenwartsliteratur gibt es ein Defizit im Angebot? Solche Aussagen sind schwierig, da natürlich der konventionelle Buchmarkt ebenfalls eine Rolle spielt. Was mich ein wenig überrascht hat, ist der sehr niedrige Anteil von Horror- und Sci-Fi-Literatur. Mich persönlich würden diese Genres jedenfalls durchaus reizen. Wie man sich nicht nur als Leser, sondern auch als Autor so auf das in meinen Augen meist sehr langweilige Romane-Genre stürzen kann, ist mir ebenfalls ein Rätsel. Kommentiert mal gerne, was ihr daran so wahnsinnig interessant findet.

Wie viele Jahre schreibst du schon mit Veröffentlichungsabsicht?

Kurz zusammengefasst: Die meisten sind recht frisch dabei, aber es gibt auch erstaunlich viele Alteingesessene unter den Teilnehmern.

Schreibst du auch in deinem Hauptberuf längere Textformate (1000 Wörter und mehr)?

Die Antwortenmöglichkeiten lauteten wie folgt: 

  • Die Schriftstellerei ist mein Hauptberuf.
  • Ich schreibe in meinem Hauptberuf mindestens einmal im Monat ein längeres Textformat.
  • Ich schreibe in meinem Hauptberuf seltener längere Textformate.
  • Ich schreibe in meinem Hauptberuf nie längere Textformate.

Hier gibt es meines Erachtens keine Überraschungen. Oder hättet ihr eine andere Verteilung erwartet? Schreibt’s mir in die Kommentare!

Das Selfpublishing an sich

Selfpublisher haben sich teilweise aus freien Stücken fürs Selfpublishing entschieden, teilweise blieb ihnen keine Wahl. Was haben die Surveybeantworter dazu gesagt?

Wie viele Bücher hast du schon selbst veröffentlicht?

Hier sehen wir eine relativ gleichmäßige Verteilung. Grundsätzlich kann man sagen, dass die meisten derer, die bereits selbst veröffentlicht haben, dies wieder tun. Etwa ein Fünftel der Teilnehmer muss diesen Schritt noch gehen – was meiner Meinung nach recht wenig ist, wenn man beachtet, wie viel Arbeit eine Veröffentlichung schließlich macht.

Warum willst du dein (nächstes) Buch selbst veröffentlichen?

Die Antwortenmöglichkeiten lauteten wie folgt: 

  • Ich will meine kreative Freiheit nicht einschränken.
  • Ich wollte es einfach mal ausprobieren.
  • Ich wollte mir den Bewerbungsprozess sparen.
  • Ich will mehr Geld verdienen.
  • Ich habe keinen Verlag gefunden.
  • Ich habe schlechte Erfahrungen mit Verlagen gemacht.

Hier schwingt einige Kritik an Verlagen mit: Zum einen gehen Selfpublisher davon aus, dass Verlage einen starken Einfluss darauf haben, was geschrieben und/oder veröffentlicht werden darf. Zum anderen erscheint der Bewerbungsprozess vielen zu umständlich – was natürlich bei den meisten Verlagen mit voller Absicht so ist, um die Flut der Bewerbungen ein wenig einzudämmen.

Produktion des (nächsten) Buches

Das Schreiben ist der erste Schritt zum Buch. Oder der zweite? Jedenfalls nur einer von vielen. In der nächsten Sektion ging’s deshalb um alles andere, was vor der Veröffentlichung erledigt sein will. Die Fragen dieser Sektion waren:

Wie planst du das Lektorat deines (nächsten) Buches?

Die Antworten in vollständiger Formulierung:

  • Werde ich selbst machen.
  • Werden Freunde/Bekannte machen.
  • Wird ein professioneller, bezahlter Lektor machen.
  • Weiß ich noch nicht.
  • Werde ich gar nicht machen.

Sind 10 % der Selfpublisher auch professionelle Lektoren? Das bleibt zu hoffen. Ansonsten hat mich, um ehrlich zu sein, erstaunt, dass jeder Zweite sich beim Lektorat tatsächlich an den Profi wendet. Dass Freunde oder Bekannte, die des Deutschen überdurchschnittlich mächtig sind, sich um das Lektorat kümmern, hätte ich hingegen für die häufigste Variante gehalten. Aber genau darum geht’s ja bei solchen Umfragen: herauszufinden, wo einen die Intuition täuscht.

Wie planst du die Gestaltung des Buchcovers und des Buchumschlags?

Gleiche Antwortmöglichkeiten, minus “Werde ich gar nicht machen” – ein Cover braucht wohl jeder.

Dieses Ergebnis hat mich durchaus überrascht: Mehr als jeder Dritte versucht sich selbst am Cover seines Werkes. Natürlich hat man als Autor meist ziemlich genaue Vorstellungen, was abgebildet sein soll. Aber einer der häufigsten Kritikpunkte an der Selfpublishing-Szene ist bekanntlich, dass die Cover nicht ansprechend aussehen (“Mit Paint gemalt?!”). Möglicherweise überschätzt der eine oder andere seine grafischen Fähigkeiten, denn dass jeder dritte Selfpublisher als gleichzeitig ein talentierter Designer ist, halte ich für unwahrscheinlich.

Wie planst du die Gestaltung des Innenteils?

Gleiche Antwortmöglichkeiten wie beim Cover.

Den Innenteil trauen sich die allermeisten selbst zu – klar, so schwierig ist das normalerweise auch nicht, es sei denn, man möchte es in einem Programm wie InDesign oder Affinity Publisher so *richtig* professionell angehen (wie es beispielsweise Josephine Katharina Groß tut, siehe Interview). Immerhin 18 % wollen es so professionell haben, überlassen es aber einem Experten. Bei nur 3 % (zu wenig, um im Diagramm überhaupt den Wert abzubilden) machen Freunde oder Bekannte den Innenteil – vermutlich befreundete oder bekannte Designer.

Wie viele Personen willst du dein (nächstes) Buch testlesen lassen, bevor es veröffentlicht wird?

Zur Auswahl standen:

  • Eine bestimmte Person.
  • Mehrere bestimmte Personen.
  • Wer auch immer interessiert ist.
  • Weiß ich noch nicht.
  • Werde ich gar nicht machen.

So gut wie niemand (4 %) lässt nur eine einzige Person lesen – da lässt man erstaunlicherweise noch etwas lieber niemanden lesen (6 %). Die allermeisten haben mehrere Personen, denen sie ihr Buch vorab zur kritischen Durchsicht anvertrauen möchten. Immerhin 12 % sind offen für die Möglichkeit, zum Beispiel via Social Media zur Bewerbung aufzurufen und potenziell jeden Interessierten testlesen zu lassen.

In welchen Formaten willst du dein (nächstes) Buch veröffentlichen?

Gebundene Ausgaben sind erstaunlich wenige geplant. Taschenbücher und E-Books als mit Abstand beliebteste Formate hingegen überraschen natürlich niemanden.

Kurios: Laut tredition bevorzugen 18 % der Leser eine Großschriftausgabe. Das konnte ich nicht so recht glauben – und in diesen Antworten spiegelt sich das zumindest aufseiten der Produzenten wieder: Nur eine einzige Person plant eine solche Ausgabe – vielleicht beeinflusst durch tredition?

Marketing

Wenn niemand dein Meisterwerk kennt, kauft es auch niemand. Das Marketing ist ein oft unterschätzter Bestandteil der Arbeit als Selfpublisher. Die Ergebnisse dazu sehen wie folgt aus:

Welche Plattformen nutzt du aktiv für dein Marketing?

An dieser Stelle habe ich mich etwas geärgert, nicht das Alter abgefragt zu haben, denn die vielen Facebook-Nennungen haben mich etwas verwundert. Ebenfalls verwundert haben mich die 11 Twitter-Nutzer. Ich persönlich nutze Twitter überhaupt nicht für mein Buchmarketing. Ein Fehler …?

Welche weiteren Medien nutzt du für dein Marketing?

Erstaunlich viele Autoren haben eine eigene Website! Das hätte ich nicht erwartet, denn so eine Website macht schon einige Arbeit. Auch die vielen Newsletter-Anbieter haben mich überrascht. Interessant wäre hier noch die Anzahl der Abonnenten gewesen. Ich jedenfalls bin bei keinem einzigen Autoren-Newsletter angemeldet und sehe darin keinerlei Reiz. Ich bevorzuge Instagram, um mich auf dem Laufenden zu halten. Aber wie es aussieht, funktionieren Newsletter wohl für manche Autoren ganz gut …

Welche Marketingmaßnahmen hältst du für die effektivsten?

Die Antwortmöglichkeiten:

  • Promotion durch Buchblogger
  • Promotion durch Bookstagrammer
  • Bezahlte Social-Media-Ads
  • Zeitungsartikel
  • Eigener Newsletter
  • Gewinnspiele
  • Promotion durch BookTuber
  • Teilnahme an Podcasts
  • Bezahlte Website-Ads
  • Mundpropaganda
  • Lesungen
  • Sonstige

Buchblogger werden für effektive Promoter gehalten – das wundert mich. Ich hätte Instagram und YouTube für die erfolgreichsten Kanäle gehalten, was die Promotion betrifft. Aber offenbar werden Buchblogs durchaus von Menschen gelesen, die SP-Bücher kaufen. Vielleicht eine Möglichkeit, die ich noch nicht gut genug genutzt habe … 

Äußerst überraschend ist auch, dass Lesungen für so ineffektiv gehalten werden. Wie kann das sein? Hat jemand eine Erklärung für mich?

Wie viele Rezensionsexemplare deines (nächsten) Buches willst du zur Verfügung stellen?

Die Antwortmöglichkeit “Mehr als 50” hat niemand gewählt. Dass viele Autoren nur maximal 10 Exemplare zur Verfügung stellen wollen, liegt wahrscheinlich an den Konditionen des Anbieters. Meine beiden Romane “Zeichen von Herbst” und “Gegenlicht” sind bei tredition erschienen, die überraschend freigiebig mit Rezensionsexemplaren waren. Ich kann tredition also, was das betrifft, nur empfehlen!

Welche Aussage trifft auf dich zu?

Hier ging es um Lesungen, und die Antwortmöglichkeiten waren:

  • Ich habe bereits eine öffentliche Lesung offline durchgeführt
  • Ich habe bereits eine öffentliche Lesung online durchgeführt
  • Ich habe noch keine öffentliche Lesung durchgeführt, will es aber tun
  • Ich habe noch keine öffentliche Lesung durchgeführt und will es auch nicht tun

Keine überraschende Verteilung, denke ich. Oder was meint ihr?

Wie viele Bücher hast du ungefähr verkauft?

Auch hier hatte ich mit etwa dieser Verteilung gerechnet, abgesehen davon, dass der Anteil derer, die bereits mehr als 1000 Bücher verkauft, neidentfachend hoch ist. Allerdings sind unter diesen High-Performern einige der Autoren, die bereits lange aktiv sind: 10 der 13 Autoren haben mehr als 5 Bücher veröffentlicht). Zudem handelt es sich um Autoren, die mit ihrem Genre durchaus den Geschmack des Mainstreams treffen (Fantasy und Romance sind oft vertreten) – was selbstverständlich okay ist, aber eben nicht wirklich den Vergleich zulässt mit Büchern, die sich in ihrer Struktur und ihren narrativen Elementen nicht an Schema F halten.

Fazit

Und das war sie, die große Selfpublisher-Survey 2022. Einige Überraschungen hat sie – zumindest aus meiner Sicht – ja doch zutagegebracht. Ein bisschen mehr Arbeit als ein normaler Blogartikel war es schon, aber ich glaube, es hat sich gelohnt.

***

Oder wie fandet ihr die Survey? Waren die Fragen und Ergebnisse spannend? Vielleicht wiederhole ich das Ganze nächstes Jahr, also sagt mir: Welche Fragen würdet ihr zusätzlich stellen?

Kommentare (4)

  1. Michaela Stroh-Ihrig

    Ich fand es sehr spannend die Ergebnisse zu sehen😊 Ich glaube ich habe an dieser Umfrage teilgenommen❗❓ Die Fragen waren gut und haben gerade mir als Anfänger nochmal deutlich gemacht was es für mich noch braucht, falls ich als Selfpublisher mein Glück versuche, oder ob das doch nicht das richtige für mich ist.
    Übrigens war ich auch erstaunt wie viele denken dass sie nahezu perfekt der deutschen Sprache mächtig sind😉😉
    Ansonsten hatte ich echt Spaß beim Lesen
    Liebe Grüße Ela

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